Bericht von den OA-Tagen 2019 in Hannover

Vier auf einen Streich

Zwischenergebnisse aus dem Projekt Open Access und Open Educational Resources in den Ingenieurwissenschaften (OpenIng) bei den Open-Access-Tagen in Hannover

Bei den Open-Access-Tagen in Hannover (30.09.-02.10.2019, OAT19) präsentierten Nicole Rosenke, Stefan Beck (beide ULB Darmstadt), Carsten Elsner (UB Braunschweig) und Stefan Drößler (UB Stuttgart) die ersten Ergebnisse aus dem OpenIng-Projekt in vier Formaten. In einem Vortrag wurden die bundesweiten Befragungen unter Open-Access-Expertinnen und -Experten und Ingenieurwissenschaftlerinnen und Ingenieurwissenschaftlern vorgestellt. So bewerteten die Ingenieurinnen und Ingenieure Open Access (OA) und Open Educational Resources (OER) sehr viel positiver als von den Fachleuten angenommen. Es zeigte sich auch, dass Publikationsmöglichkeiten wie OA-Zeitschriften in der Fachcommunity fehlen und OA-Angebote an den Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen teilweise unbekannt sind. So wurde im Vortrag auf die Arbeitspakete hingewiesen, die auf die Öffentlichkeitsarbeit und Trainings in der Zielgruppe abzielen.

Kurz vor der Tagung ist eine Servicedatenbank veröffentlicht worden mit Materialien, Workshop-Konzepten und ähnlichen Bausteinen, die Open-Access-Verantwortliche an ihren Einrichtungen nutzen können. Durch die Befragungen ist auch klar geworden, dass die Forscherinnen und Forscher an ihren Hochschulen klarere Rahmenbedingungen wünschen und ihnen oft die Anerkennung für ihre Publikationstätigkeit von der Hochschulleitung fehlt. An den Hochschulen, die über eine OA-Policy verfügen, ist die Bekanntheit der OA- und OER-Angebote signifikant höher. Es ist wie mit dem Klimawandel. Es braucht für die Transformation des Systems nicht nur individuelle Bereitschaft, sondern auch politische Normsetzungen. In dem gut besuchten Hörsaal im Hauptgebäude der Universität Hannover kam es im Anschluss zu einem lebhaften Gespräch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Gefragt wurde zum Beispiel nach der Möglichkeit der Nutzung der Service-Datenbank für andere Disziplinen, was bejaht wurde. Der Moderator der Session, Christian Hauschke, meldete Interesse an einem intensiveren Austausch an, da das von ihm mit betreute Projekt ROSI (Referenzimplementierung für offene szientometrische Indikatoren) ebenfalls die Ingenieurwissenschaften im Fokus hat.

Bei der Poster-Session interessierten sich Kolleginnen von der Hochschule Hannover und dem Deutschen Zentrum für Luftund Raumfahrt für die Anbindung ihrer Repositorien an die im OpenIng-Projekt angepasste Dissemin-Plattform. Ein Ergebnis der Gespräche: Eine Schnittstelle zu der in Deutschland verbreiteten und an der UB Stuttgart mit entwickelten Dokumentenserver-Software OPUS wäre vielleicht noch im Rahmen des Projektes in Dissemin anzupassen.

Beim Tool-Marktplatz war Gelegenheit, Dissemin den OA-Fachleuten zu präsentieren. Der Andrang war erstaunlich groß, was sicher auch damit zu tun hat, dass alle angesichts knapper Personalressourcen für mehr Automatisierung offen sind. Die französischen Entwickler dieser Publikationsplattform haben erfreulicherweise die Anpassungswünsche direkt ins System eingebracht, sodass keine eigene Instanz gehostet werden muss. Am Ende soll es möglich sein, Zeitschriftenaufsätze nach Ablauf von Embargofristen per Dissemin auf den institutionellen Repositorien (Publikationsserver) der Universitäten Braunschweig, Darmstadt und Stuttgart zu veröffentlichen. Der dafür notwendige Zweitveröffentlichungsworkflow ist ein eigenes Arbeitspaket, das zurzeit angegriffen wird.

Bei einer vierten OpenIng-Präsentation gab der Geldgeber, das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), den Rahmen in Form eines Pitches vor. 12 geförderte Projekte hatten jeweils drei Minuten Zeit, um ihre Ergebnisse vorzustellen. Bei den anschließenden Diskussionen gab es eine kritische Frage zur Förderpolicy: Wäre es nicht besser gewesen, auf wenige große Pferde zu setzen, um die Nachhaltigkeit zu generieren? Antwort von Seiten des BMBF (sinngemäß): Durch eine größere Vielfalt an kleineren Projekten ist die Chance größer, dass sich neue Wege des Open-Access-Publizierens etablieren.

Mit rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren die Open-Access-Tage 2019 eine relativ große Tagung. Für das OpenIng-Projekt gibt es einiges nachzuarbeiten und neue Kontakte zu pflegen. Die Universitäten der OpenIng-Projektpartner sind Mitglied bei CESAER (Conference of European Schools for Advanced Engineering Education and Research). Die UB Stuttgart beteiligt sich an der CESAER Task Force Open Science (Workshop auf den CESAER Annual Meetings (CAM), monatliche Telefonkonferenzen und Treffen der Subgroups OA und FDM). Aus der Task Force kam die Bitte, die Befragungen aus dem Projekt und die Ergebnisse an anderen CESAER-Universitäten nachzunutzen. Die OpenIng-Befragungen an anderen europäischen Universitäten durchzuführen erwies sich bislang aber als schwierig, da sich die Rahmenbedingungen zu sehr unterscheiden. Ein Ansatz sind Case Studies auf Institutsebene, um die Einstellungen von Ingenieurwissenschaftlerinnen und Ingenieurwissenschaftlern in Bezug auf das Open-Access-Publizieren zu untersuchen (Czech Technical University Prag). Die nächsten Gespräche gab es im Rahmen eines für alle CESAER-Mitglieder offenen Workshops (Research Data Management (RDM) best practices at Universities of S&T and challenges and way forward of Open Access) auf der CAM am 16. Oktober 2019.